Europäische Sumpfschildkröte
21.08.2019
Europäische Sumpfschildkröte
Neben der Zucht begleitet der Tierpark Bern seit 2019 das Wiederansiedlungsprojekt der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) von tiermedizinischer Seite kontinuierlich in Zusammenarbeit mit den involvierten Kreisen (KARCH, Züchter, Kantone). Im Rahmen einer Doktorarbeit wurden wichtige und umfangreiche Grundlagendaten zum Gesundheitszustand der Schildkröten sowohl in den offiziellen Zuchtstationen, als auch im Freileben erhoben. Diese neuen Erkenntnisse fliessen direkt in das Projekt ein und werden laufend angepasst. Aktuell erarbeitet der Tierpark in Zusammenarbeit mit dem Institut für Parasitologie der Vetsuisse Fakultät Bern und dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut ein Schema zur effektiven Behandlung von Saugwürmern, welche bei der Europäischen Sumpfschildkröte zu schwerwiegender Krankheit führen kann. Zudem bietet er für die offiziellen Züchter Hand für Untersuchungen, Behandlungen, Quarantäne und tiermedizinische Auskunft.
Grosser Gesundheitscheck für kleine Schildkröten
Eine gute Gesundheit der Zuchttiere und ihrer Schlüpflinge ist bei der Auswilderung besonders wichtig, da sie so bestmöglich auf die Wiederansiedlung und die damit verbundenen Veränderungen reagieren können. Bei Krankheit hingegen können die Tiere eine potentielle Infektionsquelle für ihre oder andere Arten darstellen und so die einheimischen Wildtiere gefährden. Um dieses Risiko zu vermindern und mehr über die bisher wenig erforschte Sumpfschildkröte zu erfahren, wurde eine Doktorarbeit zur Entwicklung einer «Vorsorgeuntersuchung» durchgeführt, die in Zukunft als Hilfestellung und Risikobewertung zur Wiederansiedlung dienen soll.
Dafür mussten die Berner Sumpfschildkröten sowie viele weitere Artgenossen von anderen Züchtern zum Tierarzttermin angetreten: abwiegen, vermessen, eine Blutuntersuchung und Abstriche aus Mundhöhle und Kloake liessen die Schildkröten über sich ergehen. Zum Schluss haben die gepanzerten Tierchen einen ganz besonderen Fototermin: Neben herkömmlichen Fotos werden auch Röntgenbilder und Ultraschallbilder angefertigt – sie wurden also wortwörtlich auf Herz und Nieren geprüft.
Um die Ergebnisse besser interpretieren und vergleichen zu können, sind Untersuchungen von bereits ausgewilderten Tieren ein wichtiger Teil der Studie. Deshalb wurden im Dickicht verschiedener Naturschutzgebiete in Genf und Neuenburg mit Netzen und Reusen über mehrere Tage wilde Sumpfschildkröten aus dem Teichrosen-Paradies eingefangen und direkt vor Ort auf gleicher Weise untersucht.
Zusammenfassend sollen die Gesundheitschecks das Wissen über diese einheimische Tierart erweitern und zu einer gesunden Population von europäischen Sumpfschildkröten in der Schweiz beitragen. Im Kanton Genf, Neuenburg und bald auch im Tessin kann man die gelb gesprenkelten Tiere mit etwas Glück in ihren grossen, renaturierten Lebensräumen beobachten.