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Auch Fische brauchen Beschäftigung

Nahaufnahme von einem Rochen

20.03.2024

Die drei Leopolds Stachelrochen im Tierpark Bern erhalten seit einigen Monaten durchsichtige Acrylrohre, mit welchen sie sich ausgiebig beschäftigen. Was hat es damit auf sich?

Im Herzen des Tierpark Bern eröffnet sich Besuchern ein faszinierendes Unterwasserreich: das Amazonas-Becken, Heimat von drei Leopolds Stachelrochen (Potamotrygon leopoldi). Diese atemberaubenden Süsswasserrochen teilen ihr Zuhause mit Pacus, Silbergabelbärten, Augenfleck-Kammbarsch und Spatelwelsen.

Der Leopolds Stachelrochen ist eine endemische Art des Xingu-Flussbeckens in Brasilien. Das heisst, er kommt natürlich ausschliesslich dort vor und sonst nirgend wo auf der Welt. Von der IUCN Red List als «gefährdet» (VU) eingestuft, ist ihre Präsenz im Tierpark wichtig, um auf gefährdete Tierarten und Lebensräume aufmerksam zu machen.

Nahaufnahme von einem Rochen

Zwei weibliche und ein männlicher Leopolds Stachelrochen leben im Amazonasbecken.

Kenntnis der Biologie als Inspiration

Das tägliche Leben der Leopolds Stachelrochen im Tierpark Bern wird nicht nur von natürlichen Strömungen, sondern auch von einer innovativen Form der Unterwasserbeschäftigung geprägt. Die Herausforderung besteht darin, die Tiere auf eine Weise zu beschäftigen, die sowohl ihre physiologischen als auch ihre Verhaltensbedürfnisse erfüllt, ohne dabei die Wasserqualität zu beeinträchtigen. Basil Stalder, Tierpfleger im Revier Aquarium, weiss, es dürfen keine Fremdstoffe durch zerfallende Materialien im Wasser landen und die Wasserwerte beeinflussen.

Immer auf der Suche nach geeigneter Beschäftigung für die Tiere lässt sich Basil von dem Verhalten und der Biologie der Rochen inspirieren. Die Lösung? Acrylrohre. Diese lebensmittelechten, transparenten und leicht zu reinigenden Rohre dienen als Grundlage für eine Reihe von Beschäftigungsmöglichkeiten und Futterautomaten. Durch die gezielte Verwendung dieser Rohre wird nicht nur die Fütterung für jedes Individuum optimiert, sondern auch das natürliche Verhalten der Stachelrochen gefördert. Nun ist es wichtig, zu wissen, wie und was ein Süsswasserstechrochen frisst.

Die einzigartigen Sinnesorgane der Stachelrochen, die sogenannten «Lorenzini-Ampullen», ermöglichen es den Rochen, elektrische Reize wahrzunehmen. So registrieren sie die kleinsten Muskelbewegungen von Beutetieren, die sich im Boden verstecken. Rochen haben stark modifizierte Kiefer, welche für die Nahrungsaufnahme vorgestülpt werden. Sobald die Beutetiere aufgespürt sind, werden sie zusammen mit Sand eingesaugt. das eingesaugte Substrat wird durch Spritzlöcher «Spiraculum» gefiltert. Diese Spritzlöcher befinden sich hinter den Augen der Rochen.

Ausleben des natürlichen Jagdinstinkts

Die von Basil Stalder entworfenen, mit Löcher angereicherten Acrylrohre, werden nun regelmässig mit Nahrung für die Rochen, zum Beispiel Würmern, Bachflohkrebsen und Hüpferlingen, bestückt. Durch die Auseinandersetzung mit den Acrylrohren können die Rochen ihre natürlichen Jagdinstinkte ausleben. Die Rohre beinhalten Beute, welche die Rochen dann geschickt einsaugen und mithilfe ihrer Spritzlöcher filtern.

Diese raffinierte Beschäftigungsmethode bietet nicht nur eine gezielte Fütterung für alle Individuen im Becken, sondern fördert auch das natürliche Verhalten der Tiere. Darüber hinaus verhindert sie, dass Beckenmitbewohner und Nahrungskonkurrenten das Futter stibitzen. Und sie sorgt dafür, dass die Stachelrochen bis zu sechs Stunden lang aktiv beschäftigt sind, wobei die Lochgrösse in den Acrylrohren die Dauer beeinflusst. Ein voller Erfolg für die innovative Idee des Tierpflegers.

Die Gäste des Tierparks Bern können nun nicht nur Spannendes über die faszinierende Welt der Leopolds Stachelrochen erfahren, sondern auch diese speziellen Fütterungen miterleben und den Wasserbewohnern beim Fressen zusehen – eine Erfahrung, die nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam ist.

Ein Mann hält einen Gegenstand in das Wasser

Basil Stalder hat Acrylrohre mit Futter für die Stachelrochen vorbereitet.

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Leopolds Stachelrochen wird in der Natur als gefährdet eingestuft…

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