Seltene Nachzuchten gelungen!
22.09.2023
Schon zum zweiten Mal hat die Nachzucht von Flachrückenschildkröten im Tierpark Bern geklappt.
Im Tierpark leben zwei Pärchen Flachrückenschildkröten (Pyxis planicauda) in der Schau im Vivarium und eine weitere Gruppe hinter den Kulissen. Die Männchen bleiben im Tierpark immer bei den Weibchen, die Gruppenzusammensetzung funktioniert sehr gut. Seit 2021 sind fünf Jungtiere im Inkubator geschlüpft.
Adulte Flachrückenschildkröte, mit zahlreichen Wachstumsringen um die einzelnen Schilde.
Nachzuchten 2023: Jungtiere Mitte und rechts von Anfang April, linkes Jungtier von Anfang Juni.
In der Natur kommen die Flachrückenschildkröten in trockenen Laubwäldern Madagaskars in der Region von Menabe vor. Dort durchlaufen die Schildkröten eine Trockenzeit, die sie im Boden vergraben verbringen, und eine Regenzeit, in der sie aktiv sind. Die Flachrückenschildkröte ist eine der seltensten Schildkrötenarten der Welt. Da sie ausschliesslich in Trockenwäldern mit geschlossenem Kronendach beheimatet ist, gilt der Verlust ihres Lebensraums – insbesondere durch Brandrodung, landwirtschaftlich genutzte Flächen, Autobahnbauten, Bergbau und Erdölförderung – als ihre grösste Bedrohung. Eine weitere Gefahr stellt die selbst für Schildkrötenverhältnisse geringe Reproduktionskapazität dieser Art dar.
Die Zucht von Flachrückenschildkröten ist dementsprechend gar nicht so einfach. Der Tierpark Bern ist momentan der einzige europäische Zoo, welcher die seltenen Schildkröten nachzüchtet. Der Trick für die erfolgreiche Inkubation ist – wie so oft –, die Konditionen im natürlichen Lebensraum nachzuahmen. Der Jahreszyklus mit Trocken- und Regenzeit muss auch bei der Inkubation der Eier berücksichtigt werden, allerdings in umgekehrtem Rhythmus zur Südhalbkugel.
Aufzuchtterrarium hinter den Kulissen
Die Eier werden von den Weibchen in ein selbst gegrabenes Loch gelegt. Ein Weibchen legt ein hartschaliges Ei, das sie dann fein säuberlich mit Sand abdeckt. Um das Ei in den Inkubator zu überführen, muss es erst einmal gefunden werden – in der grosszügigen und reichlich strukturierten Anlage der Flachrückenschildkröte ist das gar nicht so einfach. Nach der Eiablage ist von dem vergrabenen Ei nämlich nichts mehr zu sehen. Die gute Beobachtungsgabe der Tierpfleger*innen macht es möglich. Bereits einige Tage, bevor ein Weibchen ein Ei legt, beginnt es mit Probegrabungen im Terrarium. Ab jetzt müssen die Tierpfleger*innen auf der Hut sein. Das Weibchen beginnt meist am frühen Abend zu graben und legt das Ei in die Kuhle, die es dann wieder zudeckt. Jetzt kann es vorsichtig ausgegraben und in den Inkubator überführt werden. Wenn alles gut läuft, schlüpft dort nach gut sechs Monaten eine junge Schildkröte.
Schlüpfende Flachrückenschildkröte. Jungtiere sind im Ei zusammengefaltet, der Kopf befindet sich nahe beim Schwanz.
Frisch geschlüpfte Flachrückenschildkröte mit noch gut sichtbarer Bauchfalte