Wildtiere im Winter – «Energie sparen» im Tierreich

Wölfe sind im Winter durch ein dichtes Fell mit feinem Unterhaar geschützt.

08.12.2022

Jede Tierart hat im Verlaufe der Evolution eine erfolgreiche Strategie entwickelt, um den Winter zu überstehen. Es ist auch vollkommen natürlich, wenn auch hart, dass ein Teil der Tiere den Winter nicht überlebt. Sterben Tiere wie Vögel oder auch Säugetiere, sind diese eine willkommene und oft überlebenswichtige Nahrungsquelle für Aasfresser wie Fuchs, Wolf, Bär, aber auch Geier und viele Greifvögel.

Ein kalter Winter bedeutet für Wildtiere in unseren Breitengraden eine karge und schwere Zeit. Der Zugang zu Futter ist stark oder gänzlich eingeschränkt, und sich im hohen Schnee fortzubewegen, kostet viel Energie. Wir Menschen kleiden uns wärmer, heizen unsere Wohnungen, und Nahrung steht uns jederzeit genügend zur Verfügung. Wildtiere müssen hingegen die verschiedensten Strategien anwenden, um den Winter zu überleben. Trotz genialen und faszinierenden Anpassungen bedeutet der Winter für viele Tierarten eine natürliche Selektion, welche die Population zum Teil arg dezimiert. Wenn die Lebensräume aber intakt sind, genügend Futter und Nistplätze vorhanden sind, wird der Nachwuchs im kommenden Frühjahr die entstandenen Lücken wieder auffüllen.

Wie unten beschrieben, kommen unsere Wildtiere grundsätzlich ohne unsere Hilfe durch den Winter. Der Verlust von schwachen Tieren im Winter ist für eine Population eher positiv, da dies zu einer Stärkung beiträgt, indem sich im nächsten Jahr diejenigen Tiere fortpflanzen, die topfit sind. Das beliebte Füttern von Vögeln schadet diesen jedoch nicht, wenn es fachgerecht gemacht wird.

  • Die Futtervorräte jeweils am Abend so auffüllen, damit sie für mindestens 24 Stunden reichen.
  • Mischungen auswählen, die ganz oder grösstenteils aus Sonnenblumenkernen und Hanfsamen bestehen. Dunkle Sonnenblumenkerne haben eine weichere Schale als
    helle und können von den Vögeln besser geöffnet werden. Körnerfresser nehmen auch das für Weichfresser empfohlene Futter an.
  • Achten Sie auf den richtigen Futterplatz (Stichwort Feinde)
    und die notwendige Hygiene. Siehe auch: vogelwarte.ch

Die beste Winterhilfe für unsere Wildtiere: naturnahe Lebensräume und Ruhe!

  • Laub-, Ast- und Steinhaufen für Winterruher und Winterschläfer wie Igel, Reptilien usw. im Garten lassen; Gartennicht aufräumen.
  • Ein Komposthaufen ist ein guter Überwinterungsplatz, für Ringelnatter und manche Amphibien. Den Komposthaufen über den Winter nicht wenden, erst im Frühsommer des nächsten Jahres.

Der Braunbär – ruhend und vollgefressen durch den Winter

Der Allesfresser Bär mit Vorliebe für vegetarische Ernährung gerät im Winter in einen Nahrungsengpass. Er macht es sich daher einfach und zieht sich in eine frostsichere Höhle zurück. Dort ruht er mehrere Wochen bis Monate, ohne zu fressen, zu trinken, zu urinieren und zu koten. Um dies überhaupt zu überleben, legt er sich ungefähr 30 % seines Körpergewichtes zu, reduziert seinen Herzschlag auf etwa 20 Schläge pro Minute und tätigt nur etwa alle 45 Sekunden einen Atemzug. Die Körpertemperatur senkt sich jedoch nur gering, um ca. 5 °C. Dies erlaubt es den Bären, in Sekundenschnelle wach zu sein, um ihre Jungtiere zu verteidigen – denn diese kommen – als grosse Ausnahme bei den Säugetieren – mitten im Winter zur Welt.

Braunbärin «Ursina» in der Winterhöhle

Das Reh – Verdauung umbauen!

Rehe fressen sich im Herbst zwar auch ein beachtliches Fettpolster an. Ihre spärliche Winternahrung ist hingegen faserreich und proteinarm – genau das Gegenteil der Sommernahrung. Damit der Verdauungstrakt mit dieser Nahrung zurechtkommt, wird er umgebaut: Die Zotten im Pansen sind im Winter um ca. einen Drittel reduziert und viel kürzer.

Um den Wärmeverlust zu minimieren, wechseln die Rehe das bekannte rotbraune Fell zum graubraunen Winterfell. Die Winterhaare sind deutlich dichter, länger und alle hohl, wie feine Röhrchen. Die eingeschlossene Luft verstärkt die isolierende Wirkung des Winterfells.
Während eines Grossteils des Tages minimieren Rehe ihre Aktivität und ruhen, so sparen sie wertvolle Energie – sofern sie nicht gestört werden.

Auch die spezielle Fortpflanzung schont den Energiehaushalt. Die kräftezehrende Paarungszeit findet im Sommer statt, wenn genügend Nahrung vorhanden ist. Nach der Befruchtung der Eier im Mutterleib ruhen diese in der Gebärmutter. Erst im Frühwinter nisten sich die Eier in der Gebärmutterwand ein und beginnen zu wachsen. Von Mai bis Juni werden dann die Kitze gesetzt.

Der Rothirsch – im verborgenen Winterschlaf

Die Temperaturen sind tief und die wenige Nahrung, welche sie noch finden, ist extrem karg. Rothirsche machen keinen Winterschlaf, aber sie verfallen täglich während 8 bis 9 Stunden in einen Energiesparzustand. Dabei reduzieren sie ihre Aktivitäten auf ein Minimum, den Pulsschlag senken sie auf lediglich 30 Schläge pro Minute. Zudem reduzieren sie die Durchblutung der Extremitäten und senken dort die Körpertemperatur bis auf 15°C, währendem der Kern mit den lebenswichtigen Organen warm bleibt. Mit diesen Massnahmen können sie bis zu 17% Energie einsparen.

Um mit der kargen Nahrung (trockenes Gras, Flechten) zurecht zu kommen, wird auch bei den Rothischen die Verdauung angepasst: Der Pansen wird verkleinert und ein Teil der Zotten werden zurückgebildet, womit beim Stoffwechsel weitere Energie gespart wird.

Von der Natur perfekt angepasst, überleben Rothirsche diese unwirtliche Zeit nur, wenn sie nicht gestört werden! Bei plötzlichen Fluchten muss der ganze Stoffwechsel und die Temperatur sofort hochgefahren werden, was eine Unmenge an Energie benötigt. Störungen durch Variantenskifahrer oder Schneeschuhläuferinnen abseits der Wege, können für Rothirsche auch mal tödlich enden.

Nahaufnahme von Rothirschen

Der Biber – Holzfäller mit dickem Fell

Der Biber ist ein reiner Vegetarier und frisst im Sommer krautige und verholzte Pflanzen, die er im oder am Wasser findet. Im Winter hingegen ernährt sich der Biber hauptsächlich von Rinde und Knospen. Um an die energiereiche Kost zu gelangen, fällt er Bäume. Biber legen sich zudem einen Vorrat an, indem sie die frisch abgenagten Äste zu ihrem Bau bringen, dort im Wasser lagern oder unter Wasser in den Untergrund stecken, damit diese frisch bleiben.
Biber halten keinen Winterschlaf, bei starker Kälte bleiben sie aber eher im Bau und zehren von ihrem angefressenen Winterspeck und den gesammelten Vorräten. Damit sie nicht frieren, tragen sie ein dickes Fell, welches eines der dichtesten im Tierreich ist. Es enthält bis zu 23 000 Haare pro cm2 Haut. Zusätzlich ist das Fell stark eingefettet, damit kein Wasser zur Haut dringen kann.

Siebenschläfer – nomen est omen

Nicht sieben, sondern meist acht Monate schläft der Siebenschläfer. Dieser zur Familie der Bilche gehörende lustige Kerl schläft wirklich tief und fest und nimmt während der langen Monate keine Nahrung zu sich. Damit er diese Zeit unbeschadet über- steht, frisst er sich eine gewaltige Fettschicht an. Der Herbst ist eine richtige Mastzeit für diesen Nager, und er futtert Nüsse, Beeren, Obst usw., was das Zeug hält.
Für den Winterschlaf wählt er eine Höhle in einem Baum oder im Boden, einen kalten Dachboden oder auch einen Vogelnistkasten. Oftmals schlafen mehrere Siebenschläfer zusammen und halten sich so gegenseitig warm – man hat Dutzende Tiere zusammengekuschelt gefunden.

Ihren ganzen Metabolismus reduzieren die Nager auf ein Minimum: Das Herz schlägt nur noch 35-mal pro Minute gegenüber 450-mal im Wachzustand, die Körpertemperatur wird auf ca. 5 °C abgesenkt, die Atmung stark verlangsamt. Damit unter diesen Extrembedingungen keine Körper- und Hirnzellen absterben, wachen die Tiere regelmässig kurz auf, fahren alle Körperfunktionen hoch und durchbluten ihr ganzes System.

Eichhörnchen – fleissig im Herbst

Das Eichhörnchen macht keinen Winter- schlaf. Die tagaktiven Tiere bewegen sich in den kalten Monaten aber deutlich weniger als im Sommer. Da im Winter kaum Samen und Nüsse zu finden sind, legt sich das Eichhörnchen im Herbst Vorräte an und vergräbt diese. Viele der Vorräte finden sie trotz ausgezeichnetem Gedächtnis und Geruchssinn nicht mehr. Diese vergessenen Samen können im Frühjahr keimen. Eichhörnchen sind also aktive Gärtner in unseren Wäldern.

Wie alle Pelztiere in unseren Breitengraden wechselt auch das Eichhörnchen sein Fell für den Winter. Es bildet eine dichte, isolierende Unterwolle, die Deckhaare werden länger, und auf den Ohren trägt das Eichhörnchen auffällige Haarbüschel. Der buschige Schwanz wirkt beim Ruhen und Schlafen zudem wie eine Decke, indem es diesen über Körper und Kopf legt.

Kreuzkröte – wie alle Amphibien in Winterruhe

Amphibien sind wechselwarme Tiere, ihre Körpertemperatur entspricht derjenigen der Umgebung. Daher sind sie ungefähr von Oktober bis März inaktiv und nehmen in dieser Zeit keine Nahrung zu sich. Amphibien müssen sich einen frostsicheren Platz zum Überwintern suchen. Das kann ein Erdloch, eine Höhle oder bei gewissen Arten auch der schlammige Untergrund eines Gewässers sein. Einige Arten wie Feuersalamander und Grasfrosch verfügen zudem über ein spezielles Frostschutzmittel in ihrem Blut, das ein Gefrieren der Körpersäfte bis –5 °C verhindert.

Amphibien, wie die Kreuzkröte, ziehen sich im Winter an einen frostsicheren Ort zurück.

Reptilien – nicht starr, aber kalt

Wie Amphibien sind auch alle Reptilien wechselwarm und darum im Winter ebenfalls inaktiv. Sie ziehen sich in Baumstrünke, Erdlöcher, Kompost-, Stein- und Laubhaufen oder unter Totholz zurück.

Die Körperfunktionen sind wie bei allen Winterruhern auf ein absolutes Minimum reduziert, die Tiere sind aber nicht starr, wie das oft angenommen wird. Auch wenn an den Winterplätzen Temperaturen von wenigen Graden über null herrschen, sind die Tiere nach wie vor bewegungsfähig.

Um das Winterhalbjahr ohne Nahrungsaufnahme zu überleben, haben Reptilien Fettreserven eingebaut. Trotz der langen Fastenzeit verlieren sie erstaunlich wenig Gewicht, bei der Bergeidechse sind dies zum Beispiel lediglich 2–10 %.

Die letzte Herbstsonne wärmt diese Viper, bevor sie sich für den Winter zurückzieht.

Vögel: Hier bleiben oder in den Süden ziehen?

Viele Vogelarten verzichten auf eine aufwändige Nahrungssuche bei Schnee und Eis und ziehen im Herbst Richtung Süden. Im Mittelmeerraum, in Nordafrika oder wie zum Beispiel die Rauchschwalbe in Südafrika – finden sie in diesen wärmeren Gebieten ein gutes Nahrungsangebot. Die weiten Flüge sind aber nicht gefahrlos, und viele kommen dabei um.

Um den langen und anstrengenden Flug in den Süden zu überleben, fressen sich die Zugvögel zuvor einen Fettpolster an. Auf ihnen bekannten Flugrouten nutzen sie die Winde geschickt aus. Flüge von Europa bis nach Südafrika sind dabei eine Höchstleistung im Tierreich. Dass die ca. 20g leichte Rauchschwalbe die über 10000km lange Reise jährlich zweimal schafft, grenzt an ein Wunder.

Viele Vögel ziehen aber nicht fort und überdauern die karge Jahreszeit bei uns. Ihre Aktivitäten schränken sie aufs Futter- suchen ein. Die kalten Nächte überleben sie dank den optimal isolierenden Federn und dem Aufplustern ihres Gefieders. Als Nahrung dienen ihnen Insekten, die sie zum Beispiel unter Rinden hervorpicken, sowie Beeren und Früchte von einheimischen Sträuchern und Bäumen.

Schmetterlinge – verschiedenste Überwinterungsformen

Die allermeisten Insekten sind im Winter nicht aktiv – bzw. sterben im Herbst. Im Frühjahr sorgt die nächste Generation für den Erhalt der Art. Sie überwintern als Ei, Raupe, Puppe oder ausgewachsenes Tier, einige ziehen wie die Zugvögel in den Süden. In der Gruppe der Schmetterlinge finden sich auch in der Schweiz zu allen der fünf Winterstrategien Beispiele: Der Birkenzipfelfalter überwintert als Ei, der kleine Eisvogel als Raupe, eingewickelt in ein dürres Blatt, der Schwalbenschwanz als Puppe, das Tagpfauenauge als Falter beispielsweise in einem Heustock, und der Admiral zieht über die Alpen ins Mittelmeergebiet.

Als Puppe überdauert der Schwalbenschwanz den Winter.

Schnecken – vergraben und Deckel drauf!

Wie alle Schnecken ist auch die gut bekannte Weinbergschnecke im Winter nirgends zu sehen. Sie zieht sich in eine selbst gegrabene Erdhöhle zurück. Diese gräbt sie mithilfe ihres Fusses und drehen- der Bewegungen ihrer Schale. Mit Pflanzenteilen isoliert sie diese Höhle, bevor sie sich darin zurückzieht und sie von innen mit Erde verschliesst. Nun sondert die Schnecke an ihrem Häuscheneingang ein kalkhaltiges Sekret ab, das schnell trocknet und einen festen Deckel bildet. Der ist aber nicht ganz luftdicht, sonst würde die Schnecke ersticken. Eine weitere Isolierung bildet die Schnecke, indem sie sich im Haus ans Ende zurückzieht und sich der entstandene Hohlraum zwischen Körper und Deckel mit einem Luftpolster füllt. Zusätzlich zu diesen Isolationsmassnahmen passt sich auch der ganze Organismus den Extrembedingungen an: Herz und Atmung laufen auf Sparflamme, der Sauerstoffverbrauch sinkt auf 2 % des Sommerniveaus. Auch scheidet die Schnecke fast sämtliches Wasser aus dem Körper aus, damit die Gefahr einer Eisbildung im Körper minimiert wird. All diese Massnahmen erlauben es Weinbergschnecken, Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt unbeschadet zu überstehen.

Weinbergschnecken überwintern in einer Erd- höhle und verschliessen ihr Haus mit einem Kalkdeckel.

Winterhilfe für Wildtiere – ist das nötig?

Wie hier beschrieben, kommen unsere Wildtiere grundsätzlich ohne unsere Hilfe durch den Winter. Der Verlust von schwachen Tieren im Winter ist für eine Population eher positiv, da dies zu einer Stärkung beiträgt, indem sich im nächsten Jahr diejenigen Tiere fortpflanzen, die topfit sind. Das beliebte Füttern von Vögeln schadet diesen jedoch nicht, wenn es fachgerecht gemacht wird.

  • Die Futtervorräte jeweils am Abend so auffüllen, damit sie für mindestens 24 Stunden reichen.
  • Mischungen auswählen, die ganz oder grösstenteils aus Sonnenblumenkernen und Hanfsamen bestehen. Dunkle Sonnenblumenkerne haben eine weichere Schale als
    helle und können von den Vögeln besser geöffnet werden. Körnerfresser nehmen auch das für Weichfresser empfohlene Futter an.
  • Achten Sie auf den richtigen Futterplatz (Stichwort Feinde)
    und die notwendige Hygiene. Siehe auch: vogelwarte.ch

Die beste Winterhilfe für unsere Wildtiere: naturnahe Lebensräume und Ruhe!

  • Laub-, Ast- und Steinhaufen für Winterruher und Winterschläfer wie Igel, Reptilien usw. im Garten lassen; Gartennicht aufräumen.
  • Ein Komposthaufen ist ein guter Überwinterungsplatz, für Ringelnatter und manche Amphibien. Den Komposthaufen über den Winter nicht wenden, erst im Frühsommer des nächsten Jahres.
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