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Die Dählhölzli-Geschichte

Wenn eine Institution ein gewisses Alter erreicht hat, dann fragt kaum mehr jemand, wie sie entstanden ist. Eigentlich zu Unrecht. Man muss sich nur vergegenwärtigen, was es heute für Kämpfe, sachliche und unsachliche, politische Redeschlachten, Medienberichte und Leserbriefe absetzen würde, wollte man irgendwo in einer Grünzone oder gar in einem Wald einen Zoo bauen. Die Initiative und Weitsicht eines Vereins und seines mit grossem Geschick agierenden Vorstands ist aus heutiger Sicht erstaunlich und verdient es, hier kurz nachgezeichnet zu werden.

Vorgeschichte

Die Vorgeschichte beginnt eigentlich schon im vorletzten Jahrhundert, als nämlich 1871 eine Gruppe von Optimisten für einen geplanten Zoo mit vorwiegend europäischen Tieren im westlichen Kirchenfeld warb und einen Akklimatisationsverein gründete. Zwei Jahre später wurde der Plan mangels Aktionären fallengelassen. Dafür entstand die Anlage an der Engehalde, am Hang unterhalb des Bierhübelis. Hier wurden Hirsche und Bisons gehalten.

Da die Anlage nicht befriedigte, suchte man neue Standorte – unter anderem auch im Dählhölzli. Man dachte 1883 sogar an die Schaffung eines Zoos mit exotischen Tieren. Alle Anläufe scheiterten indes aus verschiedenen Gründen. Dank William Gabus konnte schliesslich die Finanzierungsfrage gelöst werden. Der 1847 in Le Locle geborene Uhrmacher bereiste als wagemutiger Mann mit Uhren und Musikdosen die Messen Russlands, besass in Moskau Uhrenläden und kaufte später als wohlhabender Mann das Schloss Worb. 1900 vermachte er der Stadt Bern 150ʻ000 Franken für die Errichtung eines Tierparks, «wenn möglich im Dählhölzli», wie es im Testament hiess. 1901 starb William Gabus im Tessin.

Gründung des Tierparkverein

1918 konnte die Stadt die Elfenau-Besitzung erwerben, was in den nächsten Jahren dazu führte, dass dieses Gelände mehr und mehr im Vordergrund für den Bau eines Tiergartens stand. Der Gemeinderat entschied 1927 denn auch für diesen Standort. Das Geschäft kam aber nur schleppend voran. Immerhin arbeitete das Hochbauamt zwei Entwürfe aus. 1930 wurde der Natur- und Tierparkverein gegründet, der schon nach zwei Jahren über 1800 Mitglieder zählte und sich kompromisslos und mit viel Elan für den Bau eines Tierparks in der Elfenau einsetzte. Durch Werbung in der Presse, in den Kinos(!), durch Filmmatineen und „Tierlitagen“ wurde ein Fonds von 50ʻ000 Franken geäuffnet. Schon 1933 reichte der Verein einen Entwurf ein, wobei das herrliche Landschaftsbild der Elfenau respektiert werden sollte.

Doch bald erwachten die Bedenken derjenigen Kreise, welche die Elfenau unangetastet lassen wollten. Im März 1935 führten erneute Verhandlungen dazu, dass die Burgergemeinde einen Teil des Dählhölzliwaldes zur Verfügung stellte und damit die Voraussetzung schuf, von der Elfenau als Standort abzukommen.

Eröffnung des Tierparks

Noch im gleichen Jahr stimmten die Berner der Schaffung des Tierparks Dählhölzli zu. Am 5.Juni 1937 wurden die Anlagen mit einem grossen Fest im Beisein des legendären Bundesrates Rudolf Minger eröffnet.

Eröffnung des Tierparks

Zuerst leitete der Tierarzt Dr. Paul Badertscher nebenamtlich den Tierpark. 1938 wählte man den jungen Zoologen Dr. Heini Hediger als Verwalter, der sich bald als Tierpsychologe und Tiergärtner einen Namen machte. In seinem Buch «Wildtiere in Gefangenschaft, ein Grundriss der Tiergartenbiologie» griff er zu einem guten Teil auf seine Erfahrungen im Dählhölzli zurück, Erfahrungen, die er in dem jungen Tiergarten während der Zeit des Zweiten Weltkrieges oft an vorderster Front machte, wenn er im Militärdienst weilende Tierpfleger ersetzen musste. Er beschreibt in einem Bericht seine Berner Zeit als harte Schule, erwähnt die Unterstützung, welche er vom Tierparkverein erfahren durfte und über die Schwierigkeiten der Tier- und Futterbeschaffung in der Kriegszeit. Schon nach wenigen Jahren wechselte Professor Hediger an den Basler Zolli.

Die erste Frau in Europa, die einen Zoo leitete

An seiner Stelle leitete Frau Prof. Monika Meyer-Holzapfel vom 1. Mai 1943 bis zum 31. Dezember 1969 die Geschicke des Tierparks. Sie war die erste Frau in Europa, die einen Zoo leitete und die erste Frau, welche als Mitglied in den 1946 neu gegründeten International Union of Directors of Zoological Gardens (IUDZG), heute WAZA, aufgenommen wurde.In dieser Zeit vergrösserte sich die Artenzahl der Tiere im Vivarium, aber auch draussen entstanden neue Anlagen, zum Teil recht behelfsmässige Holzkonstruktionen. Nicht zuletzt der Zuchterfolge wegen wurde in dieser Zeit die Fachwelt auf den aufstrebenden Tiergarten aufmerksam. Erwähnt seien hier die neuen Anlagen für gefährdete oder ausgerottete Tierarten, wie Fischotter, Wildkatzen, Luchse, Wisente und Wölfe, die Volieren für Greifvögel und die Fasanerie. 1954 betrug der Tierbestand 1675 Tiere in 335 Arten; die Zahl der Säugetiere blieb aber mit 23 Arten gering. Beides belegt, dass vor allem «pflegeleichte» Arten gehalten wurden, weil nur sieben Wärter zur Verfügung standen, immerhin drei mehr als bei der Eröffnung. Trotz dieser Beschränkung tat der Tierpark in dieser Zeit den entscheidenden Schritt in Richtung Erfüllung des Auftrags, die einheimische Tierwelt zu zeigen.

Ausbau des Freigeländes

„Des Berners Zoo“ war der Leitspruch von Prof. Hannes Sägesser, der die Geschicke des Dählhölzli vom Januar 1979 bis zu seinem plötzlichen Tod am 18. Januar 1991 leitete. Przewalski Pferde, Seehunde, Moschusochsen und syrische Braunbären sind Tierarten, die in seiner Zeit eingeführt wurden. Die Anzahl der gehaltenen Säugetierarten wuchs auf 60 an. Der Ausbau des Freigeländes (mit Kleinraubtierhaus, Przewalski-, Fischotter-, Wisent-, Elch-, Tiger-, und Bärenanlage) und der 1988 eröffnete Umbau des Vivariums repräsentieren sein Wirken. Ausserhalb des Vivariums wurden fast alle exotischen Tierarten durch europäische ersetzt. Im Personalbreich wurde eine wissenschaftliche Adjunktstelle sowie erstmals in der Schweiz eine Zoopädagogikstelle geschaffen. In die Zeit des fünften Verwalters, Dr. Max Müller (Mai 1991 bis August 1996), fallen die Erweiterungen des Kinderzoos an der Aare sowie der Bärenanlage im Tierpark und die Renovierung des Bärengrabens. Bei den gehaltenen Tieren fand eine Trendwende in Richtung exotische Tiere statt (Wallaby, Capybara). Im Jahre 1995 wurde die Leitung des Tierparks Analysen durch externe Experten unterzogen. Gestützt auf die entsprechende Berichte wurde die Führung des Tierparks neu strukturiert und eine Betriebsleitung eingesetzt.

Mehr Platz für weniger Tiere

Nach einer kurzen Interimsleitung durch Dr. Ruth Baumgartner von September 1996 bis März 1997 wurde Dr. Bernd Schildger Direktor des Tierparks Dählhölzli. Neue Lebensräume für Tiere, wie z.B. Gämsen, Breitrandschildkröten, Rauhfusshühner, Flamingos, Seehunde und Waldrappen wurden seither geschaffen. Neben der für die Realisierung von tiergerechten Lebensräumen erforderlichen Reduktion der gehaltenen Tierarten wurde ein Leitbild formuliert: „Mehr Platz für weniger Tiere“ – Zum Wohle der Tiere und zur Freude der Menschen! Unter seiner Führung hat sich der Tierpark in ein Aushängeschild für Tierpärke und Zoos auf nationaler und internationaler Ebene entwickelt. Unter dem zukunftsweisenden Motto «Mehr Platz für weniger Tiere» wurde fast 90 Prozent der Tierparkfläche neu gestaltet. Menschen können neu die Tiere nun in möglichst artgemässen Lebensräumen im Dählhölzli und BärenPark erleben und beim Beobachten Interessantes über sie erfahren.

Friederike von Houwald wird neue Tierparkdirektorin

Der Gemeinderat ist dem Antrag der Tierparkkommission gefolgt und hat Friederike von Houwald zur neuen Tierparkdirektorin gewählt. Sie tritt per 1. September 2021 die Nachfolge von Bernd Schildger an, der nach über 24 Jahren im Dienste des Tierparks Bern in den Ruhestand geht. Friederike von Houwald ist Tiermedizinerin und seit über 20 Jahren in verschiedenen Funktionen im Bereich der Nachhaltigkeit und Tierhaltung im Zoo Basel tätig. Als Kuratorin ist sie eine in der Zoowelt anerkannte und bestens vernetzte Persönlichkeit. Von ihrem fachlichen Netzwerk und ihrem Engagement in Organisationen wie der European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) oder der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) profitiert auch der Tierpark Bern. In ihrer Tätigkeit als Kuratorin des Zoos Basel begleitete Friederike von Houwald unter anderem den strategischen Prozess der Gesamtplanung des Zoos Basel. Mit ihr konnte eine visionäre und unternehmerische Person gewonnen werden, die motiviert ist, den Tierpark Bern so zu gestalten, dass in eine gesicherte Zukunft geblickt werden kann.

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