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Gut getarnt, wenig beachtet und sehr faszinierend

Auerhahn balzend im Tierpark Bern
Auerhahn balzend im Tierpark Bern

19.03.2025

Unsere Tierpflegenden sind mit Herzblut täglich im Einsatz für unsere Tiere. Das Wohl ihrer Schützlinge und ihre Gesundheit liegt ihnen am meisten am Herzen. Aber auch, dass die Tiere unsere Gäste faszinieren. Jessica Zaugg, Tierpflegerin im Tierpark Bern, möchte Ihnen hier die oft wenig beachteten, einheimischen Hühnervögel in der Fasanerie, direkt rechts neben dem Schwingtor Flamingos, näherbringen. Wissen Sie welche Hühnervögel dort leben?

Doris: Liebe Jessi, heute wollen wir über ein paar deiner Schützlinge in den doch schon recht alten Volieren rechts neben dem Eingang reden. Du bist der Meinung, dass die spannenden Vögel dort meist neben den farbenprächtigen Flamingos wenig wahrgenommen werden. Welche Vögel leben denn dort?

Jessi: Erstmal sind dort die einheimischen, bodenlebenden Raufusshühner und Glattfusshühner: Gleich nach dem Eingang leben die Auerhühner und links daneben die Birkhühner. Bevor man dann dem Weg nach links zur Kasse folgt, leben die Alpensteinhühner. Es sind vor allem die Auerhühner und die Birkhühner, die die Tierparkbesuchende oft nur kurz beachten und dabei sind es doch so faszinierende Vögel, die in der Schweiz sehr bedroht sind.

D: Dass man sie übersieht hängt wohl auch mit ihrer guten Tarnung zusammen, oder?

J: Genau, ihr Federkleid ist eher schlicht, damit sie gut getarnt sind, und obendrein sind sie nicht besonders laut, im Vergleich zu den ewig schnatternden Flamingos. Man muss sich meist etwas Zeit nehmen, um sie zu entdecken. Auffällig sind der Auerhahn und der Birkhahn jedoch dann, wenn Balzzeit ist.

D: Dann ist es ja auch nicht ganz ohne, die Anlage des Auerhahns zu betreten, hab ich mir sagen lassen.

J: Das ist es sogar den Grossteil des Jahres so. Denn wenn wir Tierpflegende die Anlage betreten, dann betreten wir sein Revier und kommen «seinen» Hennen zu nahe. Also muss er «seine» Hennen verteidigen. Er erkennt uns Tierpflegende schon von weitem, baut sich entsprechend vor der Türe auf und schlägt sein Rad als Drohgebärde. Und er greift uns auch manchmal an. Um ihm den Stress zu nehmen und uns die Ruhe zu verschaffen, die Anlage zu putzen wollen, stülpen wir für die kurze Zeit eine Kiste über ihn. Dort verhält er sich dann ruhig.
Die Balz der Auerhühner finde ich richtig eindrücklich. Dabei stolziert der Auerhahn mit gefächertem Schwanz, gesenkten Flügeln, gesträubten Bartfedern und hochgestrecktem Hals umher. Der Balzgesang beginnt mit dem «Knappen», das sich zum «Hauptschlag» steigert und mit dem «Wetzen» endet.

Auerhahn balzend im Tierpark Bern

Auerhahn balzend im Tierpark Bern

Auerhuhn mit Jungtieren

Auerhuhn mit Jungtieren

D: Auerhühner sind ja sehr bedroht in der Natur, ihre Bestände nehmen seit Jahren ab. Die beiden wichtigsten Ursachen für diese Entwicklung sind Veränderungen des Lebensraums sowie Störung durch den Menschen. Werden unsere Auerhühner denn auch für Auswilderungen gezüchtet?

J: Wir züchten die Auerhühner schon seit Jahren erfolgreich. Der Durchbruch in der Zucht war, sie als Naturbrut aufzuziehen, denn so werden die Küken von Anfang an mehr gefordert und sind viel vitaler, die Muskulatur ist stärker und sie sind widerstandsfähiger (Anm. siehe auch UHU 2/2021 Seite 6). Die Jungtiere geben wir in andere Zoos oder auch an private Halter. Das EEP-Zuchtbuch ist gerade im Aufbau, wir sind ein grosser Teil des Zuchtbuchs. Dies ist in Hinblick auf eine möglicher Auswilderung zu einem späteren Zeitpunkt wichtig.

D: Die zweite Raufusshühnerart sind die Birkhühner. Was ist an diesen so besonders?

J: Birkhühner werden sehr selten in Zoos gehalten, man findet sie praktisch sonst nicht. Und in der freien Wildbahn sind sie inzwischen sehr selten anzutreffen. Um einmal einen balzenden Birkhahn zu erleben lohnt es sich allemal in den Tierpark zu kommen. Die Balz der Birkhähne ist nämlich auch ganz speziell. Die balzenden Hähne kann man oft schon aus einiger Entfernung hören. Sie verteidigen ihre Territorien mit imposanten Drohhaltungen und kullernden und zischenden Rufen. Sie balzen übrigens nicht nur während der Paarungszeit, auch im um ihr Territorium zu verteidigen, balzen sie. Letzten Herbst haben wir ein neues Weibchen bekommen, worauf sich unser Birkhahn mega ins Zeug gelegt hat.
Der Name Raufusshuhn kommt übrigens daher, dass beide Vogelarten an den Füssen Federn als Schutz gegen die Kälte und als Schneeschuhe haben.

Alpensteinhuhn

Bei den Alpensteinhühnern unterscheiden sich Männchen und Weibchen nicht.

Birkhuhn

Birkhuhn

J: Die Ernährung der Auer und Birkhühner finde ich besonders fasznierend. Im Frühling fressen sie junge Blätter und Knospen, im Sommer fressen sie hauptsächlich Beeren und Blätter, und dann im Herbst fangen sie langsam an, Tannennadeln zu fressen. Im Winter fressen sie dann ausschliesslich Nadeln. Damit sie diese auch verdauen können, müssen sie von klein auf schon im ersten Winter Nadelfutter bekommen. Erst so bildet sich ihr Blinddarm für die Verdauung der Nadeln richtig aus. Der Blinddarm eines Auerhuhn kann nämlich bis zu einem Meter lang werden, aber eben nur wenn sie von klein auf im Winter Nadelfutter bekommen.

D: Eine weitere Hühnerart in diesen Volieren ist das Alpensteinhuhn.

J: Die Alpensteinhühner gehören zu den sogenannten Glattfusshühnern. Das bedeutet, dass sie im Gegensatz zu den Raufusshühnern keine Federn an den Füssen haben. Hier gelingen uns schon seit Jahren die Nachzuchten gut. Bei den Steinhühner können beide, Männchen oder Weibchen, die Brut übernehmen. Will das Weibchen mal nicht brüten, fängt das Männchen an. Dann übernimmt er aber auch gleich die Jungenaufzucht zur Gänze.

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